Wir fordern die SPD Oldenburg auf, folgende Position auf allen politischen Ebenen zu vertreten:
Die vom Gesetzgeber 2001 eingeführten privaten, zumeist kapitalmarktabhängigen Riester- bzw. Rürup-Renten haben sich nicht bewährt. Sie schaffen es nicht, die politisch gewollte Absenkung des Rentenniveaus und die dadurch entstehenden Rentenanspruchslücken im Rahmen der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) abzudecken. Riesterrenten lohnen sich nur für überdurchschnittlich verdienende Menschen und dienen lediglich den Gewinninteressen von Banken und Versicherungen. Unter Wahrung des Bestands- bzw. Vertrauensschutzes erworbener Ansprüche sind die Riester- bzw. Rürup-Renten abzuschaffen.
Dazu gehören folgende Maßnahmen:
- Der Neuabschluss von Rürup- und Riester-Renten wird unterbunden. Die dadurch freiwerdenden Fördermittel kommen der GRV zugute.
- Laufende sowie bereits in Auszahlung befindliche Verträge bleiben gemäß den bisher geltenden Konditionen bestehen (inklusive staatlicher Förderung).
- Für sonstige neue private Rentenversicherungsverträge werden keine staatlichen Fördermittel mehr aufgewandt.
- Bezieher*innen von Arbeitslosengeld II dürfen nicht mehr bedrängt/gezwungen werden, bestehende Verträge aufzulösen.
Begründung:
In den letzten zehn Jahren wurde deutlich, dass die privaten Rentenversicherungen unter den Namen Riester- und Rürup-Rente ihr Ziel verfehlt haben. Mit der einseitig von Arbeitnehmern*innen wahrzunehmenden privaten Altersvorsorge sollte der „Erhalt des Lebensstandards“ erreicht werden. Dieses sozialpolitische Sicherungsziel wurde jedoch gesetzlich abgeschafft und ersetzt durch das Ziel der „Beitragsstabilität“.
Die Riester-Renten sind indes nicht zu einer zweiten Säule der Alterssicherung geworden und schützen nicht gegen Altersarmut. Als kapitalmarktabhängige private Rentenversicherung erbringen sie gerade in Zeiten anhaltender Niedrigzinsen nicht die versprochenen Renditen, die sie überhaupt erst zu einer wirklichen Alternative zur GRV machen würden. Dies wurde zahlreich durch objektive, wissenschaftliche Studien bestätigt.
Gerade Geringverdiener*innen schließen häufig keine Verträge zur privaten Alterssicherung ab, da sie schlichtweg kein Geld dafür haben, sondern jeden Euro zur Deckung des täglichen Bedarfs benötigen. Für sie sind die staatliche Zulagen zudem noch wesentlich geringer als für Gutverdiener*innen. Insoweit liegt auch die Rendite ihrer Riester- und Rürup-Verträge deutlich unter der eigentlich zu kompensierenden niedrigeren Rentenhöhe aufgrund der Rentenniveauabsenkung. Dies sind die wesentlichen Gründe, warum bislang „nur“ 35 Prozent der betroffenen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten derartige Verträge abgeschlossen haben.
Hinzu kommen hohe Provisionen, die ausschließlich Banken und Versicherungen nutzen, anstatt in die Rentenkasse zu fließen. Bei Verabschiedung des Altersvermögensgesetzes (AVmG) 2001 ging der Gesetzgeber zudem davon aus, dass die Absenkung des Rentenniveaus durch private Vorsorge in Höhe von 4% des Bruttolohnes kompensiert werden könnte. Hierbei gingen die Modellrechnungen von einem Zinsniveau von 4% (!) aus. Heute liegt der Garantiezins bei nur 1,25 %. Die Erträge aus den privaten Versicherungen sind demnach sehr unsicher und sinken dramatisch. Auch die Riesterrente gewährleistet lediglich die eingezahlten Beiträge. Das bedeutet gegebenenfalls eine Rendite von Null oder sogar Verluste.
Bei der privaten Vorsorge zahlen die Versicherten bis zu 4% ihres Bruttolohnes – wenn sie es überhaupt können – seit 2008 allein, wenn sie die staatlichen Zulagen in vollem Umfang erhalten wollen. Die Arbeitgeber*innen werden im Rahmen dieser kapitalgedeckten privaten Alterssicherung gänzlich aus ihrer Verantwortung zu einer paritätischen Finanzierung entlassen. Das eigentlich Absurde: Damit der Beitragssatz 2030 nicht auf 24% steigt, sollen die gesetzlich Rentenversicherten seit 2008 13 % bis 14 % zahlen, die Arbeitgeber*innen aber nur 9 % bis 10 %. Insgesamt werden demnach seit 2008 bereits 22 % bis 24 % für Rentenversicherungsbeiträge ausgegeben. Das Ziel der Beitragsstabilität wird also bereits verfehlt.
Viele Arbeitnehmer*innen zahlen also bis zu 4 % ihres Bruttoeinkomms in die Riester- und Rürup-Rente ein, wohingegen sie als Pflichtbeitrag zur GRV im Vergleich nur 2 % zahlen müssten. Nennenswerte Subventionen erhalten – wie gesagt – nur „Gutverdiener*innen“. Die für die private Vorsorge aufgebrachten Mittel fehlen letztendlich dem privaten Konsum und schwächen das Wirtschaftswachstum nachhaltig. Ebenso können die immensen staatlichen Subventionen nicht in dringend benötigte öffentliche Investitionen fließen.
Das Argument, eine paritätische Finanzierung schade der Wirtschaft, ist zudem fadenscheinig. Angenommen, die Arbeitgeberbeiträge müssten um 2 % – die Hälfte der maximalen Einzahlung eines Arbeitnehmers in seinen privaten Vertrag – erhöht werden. Dann müssten bei einem Mindestlohn von 8,84 € zusätzlich ca. 0,18 € in die Rentenkasse eingezahlt werden; pro Monat bei 40 Wochenstunden und 4,3 Wochen wären dies ca. 30,50 €. Ein Geschäftsmodell, das bei solch geringen Mehrkosten nicht mehr funktioniert, ist mehr als zweifelhaft. Gleichzeitig wird aber durch die Entlastung der Arbeitnehmer*innen der Konsum angekurbelt, was diese Mehrkosten mindestens teilweise durch höhere Umsätze ausgleicht.
Die kontinuierliche Rentenniveauabsenkung durch die Riester-Rentenreform ist eine wesentliche Ursache für steigende Altersarmut.
Als gemeinsames Werk der Regierungsparteien SPD/Grüne (Start 1998), unterstützt von den Oppositionsparteien CDU/CSU und FDP, wurde das Sicherungsziel „Erhalt des Lebensstandards“ gesetzlich abgeschafft und ersetzt durch das Ziel der „Beitragssatbilität“ (bis 2020 nicht über 20 % und bis 2030 nicht über 22 % ). Auch das Prinzip der paritätischen Rentenfinanzierung in der GRV wurde gebrochen. Letztlich ist die Rentenniveau-Senkung durch die Riesterreform eine wesentliche Ursache für die steigende Altersarmut.
Die bestehenden Verträge sollen indes Bestandsschutz genießen, da sie gezielt durch den Staat als eigene, gleichwertige Säule des Rentensystems beworben und die Beschäftigten geradezu gedrängt wurden, diese abzuschließen. Ein Bestandsschutz ist nötig, weil der Staat ansonsten seine Versprechen gegenüber den Betroffenen brechen würde, die diese Verträge im Vertrauen auf eine zukünftige Rente abgeschlossen haben. Eine Überführung dieser Verträge und ihrer Anwartschaften in die GRV wäre nur sehr schwer umzusetzen.